Haarlem: PvdA fordert Ausnutzung des Spielraums in der Regierungserklärung

Der Koalitionsvertrag lässt bekanntlich Raum für lokale Anpassungen bei der Coffeeshop-Regelung der Kommunen. Die PvdA in Haarlem scheint ein gutes Verhältnis zu den lokalen Coffeeshopunternehmern (mit unserem Freund Nol van Schaik als Vorsitzendem) zu pflegen. Sie lässt bezüglich der Möglichkeit der kommunalen Freiräume, die die Regierungserklärung bietet nicht locker und überreichte ihrem Bürgermeister Bernt Schneiders (auch PvdA) nun das erste Exemplar eines Posters zum Haarlemer Coffeeshop-Gütesiegel.

Die PvdA hat Bürgermeister Bernt Schneiders dazu aufgerufen von den Möglichkeiten zu lokalen Anpassungen bezüglich der Coffeeshopverordnung Gebrauch zu machen. Während der Haushaltsverhandlungen überreichte die PvdA im Namen der Haarlemer Coffeeshopunternehmer dem Bürgermeister das erste Poster zum neuen Haarlemer Gütesiegel für Coffeeshops.

Vor kurzem beschloss der Gemeinderat das Gütesiegel für Coffeeshops. Coffeeshopbetreiber, die nach sicheren und verantwortungsvollen Verkaufsrichtlinien arbeiten, das Bibobscreening (Inhaber von Genehmigungen müssen sich einer Integritätsprüfung des sog. Bibob-Büros unterziehen, Bibob steht für „ bevordering integriteitsbeoordelingen door het openbaar bestuur“) bestanden haben, die Kunden gut beraten und die kommunale Verordnung zu Drogen bevolgen, kommen für dieses Gütesiegel in Frage. Es wird spezielle Informationsbroschüren für Kunden geben, in den Coffeeshops werden Poster mit den Hausregeln aufgehängt und zudem wird es einen Farbcode geben, an dem die Stärke der jeweiligen Produkte zu erkennen ist. Coffeeshops, die das Gütesiegel haben, werden bei Verstößen milder sanktioniert.

In der Regierungserklärung steht zu Coffeeshops das folgende: Der Wietpas wird ungültig, aber der Zugang zu Coffeeshops bleibt Einwohnern vorbehalten, die einen Ausweis oder Aufenthaltsgenehmigung zusammen mit einem Auszug aus dem Melderegister vorzeigen können. Die Handhabung des Einwohnerkriteriums geschieht in Rücksprache mit den beteiligten Gemeinden und wird, falls nötig ausgedehnt/abgeändert wodurch es den kommunalen Sicherheits- und Coffeeshopverordnungen hinzugefügt wird – daher ist die Rede von lokalen Anpassungen.

PvdA-Ratsmitglied Jeroen Fritz sagte: „Wir wollen, dass Haarlem von dieser Passage Gebrauch macht, um das Einwohnerkriterium nicht einzuführen. Wir haben in Haarlem nämlich eine viel bessere Alternative für eine verantwortungsvolle Verordnung zu weichen Drogen: Das Coffeeshop-Gütesiegel. Bürgermeister van der Laan hat mittlerweile auch bereits angekündigt, diesen Spielraum für Amsterdam auszunutzen um weiterhin Touristen in die Coffeeshops lassen zu können. Wir bitten unseren Bürgermeister diesem Vorbild zu folgen.“

Die Coffeeshopverordnung war bekanntlich immer eine kommunale Regelung. So unwahrscheinlich scheinen Insel-Lösungen daher nicht zu sein. Natürlich ist und bleibt es eine Auslegungssache. Juristensprache ist ja meist schon in der Muttersprache nicht für jeden leicht verständlich. In einer fremden Sprache sind Feinheiten und Interpretationsmöglichkeiten natürlich noch schwerer zu erkennen. Ich bin mir aber sicher, die Passage sehr genau übersetzt zu haben.

Es gibt noch Licht am Horizont.

Über Antonio Peri

Als Grenzbewohner des Dreiländerecks Deutschland/Niederlande/Belgien und damit natürlicher Europäer, betrachte ich die gesamte Region als meine Heimat. Die Fortschritte im Zusammenleben habe ich immer als angenehm und befreiend erlebt. Als drogenerfahrener Mensch habe ich jedoch schon seit vielen Jahren gesehen, wie sich die Niederlande, die einst ja so berühmt für ihre pragmatische Drogenpolitik waren, schleichend verändern. Die schleichende Entwicklung war vorbei, als der Wietpas in den drei südlichen Provinzen eingeführt wurde – nun endlich war eine größere Öffentlichkeit für das Thema empfänglich – daher freue ich mich, Autor auf Kein Wietpas! zu sein. Sämtliche anderen Themen zur Drogenpolitik und Legalisierung behandele ich in meinem eigenen Blog: http://antonioperi.wordpress.com

Veröffentlicht am 9. November 2012 in Wietpas und mit , , , , , , getaggt. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink. 22 Kommentare.

  1. sehr schön, übrigens bekommen die Niederländer jetzt Konkurrenz. In Aspen!Colorado sind Besucher, auch wenn sie ausschließlich wegen Pot kommen, willkommen sagt hier der Sheriff von Aspen:For me, it’s going to be live and let live. If people want to come to Colorado because pot is legal — and that’s the sole reason — it’s up to them,“ Pitkin County Sheriff Joe DiSalvo told The Aspen Times. „I am not the lifestyle police.“
    Hier ein interessanter Bericht wie die Amis mit dem „Drogentourismus umgehen wollen. Wens interessiert, es wird auch auf Adam eingegangen:
    http://www.pennlive.com/midstate/index.ssf/2012/11/marijuana_tourism_colorado_and.html

    • Habe mich dem Artikel mal angenommen. Das ist ja nicht der einzige Artikel dazu. Die amerikanische Presse ist ja heute voll vom Thema Aspendam-Tourismus. Habe dazu in meinem eigenen Blog soeben einen Artikel veröffentlicht. Einfach auf meinen Namen über diesem Kommentar klicken.

    • Der Effekt des Drogentourismus ist in meinen Augen eigentlich ein Zeichen das für eine Legalisierung spricht. Es wird doch gezeigt, dass sobald Cannabis irgendwo halbwegs oder vollkommen legal zu erwerben ist, viele Konsumenten dieses Angebot dankend annehmen Denn es ist ja vor allem sicherer. Die reisen dann eben auch mal ein Stück dafür. In den Niederlanden war das wohl auffällig intensiv. Wobei ich jetzt nicht wieder über Overlast philosophieren will.
      In Colorado und wohl auch in Washington wird man jetzt wieder merken, wie viele normale Menschen gerne Gras rauchen. Man müsste mal die reinen Besucherzahlen der amerikanischen Coffeeshops und die Produktion der legalen Grower erfassen und dann mal mit Statistiken über problematische Konsumenten vergleichen. Ich bin sicher man wird erneut bestätigen, dass die Masse der Konsumenten gut mit Cannabis klar kommt.
      Denn durch die Legalität ist ja auch bekanntlich mehr Übersicht möglich.
      Hätte übrigens nicht gedacht, dass ich so schnell mal von amerikanischen Coffeeshops und legalen Growern schreibe. :D

  2. Schön und gut die Hoffnung auf lokale Regelungen. Genial aber wäre es, wenn
    die niederländische Politik nach den Hanf Abstimmungen in Teilen der USA auf
    die Idee käme zu sagen:

    ‚Liebe Europäer, wir relegalisieren Hanf, das schafft uns einen Haufen Probleme
    vom Hals. Was Colorado und Washington können, können wir auch und wenn
    ihr schlau seid, macht ihr dasselbe.‘

    Das würde die Initiativen in den USA stärken und die Diskussion in Europa
    neu entfachen.

    Ich sehe sofort ein, das ich einen solchen Tagtraum als Wunsch an den
    Weihnachtsmann formulieren kann, der diesen Geschenkartikel leider
    nicht im Angebot hat.

    • Das ist kein Tagtraum ,lieber Gerd50. Das ist erst der Anfang und die amerikanische Cannabisindustrie steht sowas von in den Startlöchern.
      Die Finanzkrise wird den Rest dazu beitragen,, denn Geld regiert leider und sobald die anderen sehen, das nicht das Abendland untergeht, sondern man sogar noch Steuern einnehmen und Arbeitsplätze schaffen kann. Bei uns wird dieser Prozeß leider noch weiter unsere Geduld strapazieren aber kommt Zeit kommt Relegalisierung solange jetzt alle Aktivisten und Politiker wie z.B Frank Tempel (die Linke)Rückhalt bekommen.
      Wenn selbst in den USA Mehrheiten mit der Cannabisfrage zu gewinnen sind, dann müßte das mit einer entsprechenden Kampagne auch bei uns zu machen sein. Wir Piraten stehen sicher nicht im Weg!

  3. Die Insellösung mit Amsterdam wird wohl so kommen. Habe vor ein paar Wochen nen Artikel gefunden, da stand, dass v.d. Laan schon seit Monaten mit Opstelten in „konstruktiven“ Gesprächen steht – über Inhalte wurde aber zunächst Stillschweigen vereinbart. Kann mir nicht vorstellen, dass der Rucksack-Touri aus Übersee oder gar irgendwelche Promis ab 2013 (irgend so ein B- oder C-Promi wurde doch da vor kurzem kiffend abfotografiert) abgewiesen werden. Amsterdam ist Weltstadt. Aspen ist leider ein wenig zu weit. Eine Legalisierung – da im Mutterland der Prohib. nun die Dämme gebrochen sind – steht m.E. auch hier an, aber leider erst auf sehr langfristiger Sicht.

  4. Nachdem ich die Passage in der Regierungserklärung nun endlich verstanden habe, glaube ich auch an Insel-Lösungen. Wir haben ja immer gerätselt was „lokale Anpassungen“ sein sollen. Aber es steht ja doch mehr dazu drin: Nämlich das das Einwohnerkriterium durch die Gemeinden und deren Sicherheits- und Coffeeshopverordnungen abgeändert werden kann. In Haarlem und Amsterdam wird dieses abändern so aufgefasst (und die Niederländer werden ihre Gesetze und Politik besser kennen als wir – insbesondere wenn sie selbst Politiker sind), dass es auch ausgesetzt werden kann – also keine Einwohnerkriterien. Meine zuvor geäußerten Bedenken zum Wettbewerb innerhalb der Niederlande muss ich relativieren. Es könnte sein, dass damit keiner vor Gericht durchkommt, weil eben die Sicherheits- und Coffeeshopverordnungen der Kommunen stärker gewichtet werden. Und wir dürfen nie vergessen, dass Cannabis in NL nunmal keine legale Ware ist. Deshalb heisst es ja auch Duldungsverordnung – und die ist ebenfalls eine kommunale Sache. Die Stadt Amsterdam duldet dann halt auch für Touristen, die Stadt Maastricht nur für Einwohner. Wie gesagt gab es ja auch schon Jahre vor dem Wietpas Gemeinden (kleine wie Vaals und große wie Middelburg) die gar keine Shops mehr dulden. Damit sind die leider auch durchgekommen, ganz egal ob dadurch Arbeitsplätze vernichtet wurden.

    • danke, hoffentlich hat es jetzt auch der letzte verstanden, übrigens schreibst du wirklich gute Artikel u Kommentare. Weiter so

    • Da ist schon richtig aber auch Ivo Opstelten sagt ja, dass eine Insellösung auch mit dem neuen Regeln rechtlich sehr heikel und angreifbar wird.
      Er wird die Gesetze ja kennen.
      Allerdings zielt er wohl eher darauf ab, dass dann auch Adam die Touristen ausschließt und keine Sonderlösung bekommt.
      Antonio liegt schon richtig, die Regelungen unterliegen weiterhin den Gemeinden. Sie können ja auch Coffeeshops generell einfach bei sich nicht zulassen. Es wäre außerdem auch möglich gewesen, dass die Gemeinden die angeblich Overlast Probleme haben, einfach selbst beschließen nur noch an Anwohner zu verkaufen.
      Das wäre doch auch ohne Wietpas und Clubsystem drinn gewesen.
      Deswegen hab ich mich von Anfang an gefragt wieso man nicht einfach selbst die Einlasskriterien beschließt und keine Ausländer mehr bedient. Warum der ganze Aufwand? Warum haben die sich Gerichtsverhandlungen ausgesetzt? Warum musste es das Clubsystem geben? Nur um die niederländischen Konsumenten in die Registrierung zu zwingen? Ok vieleicht hat die Politik eingesehen, dass man sich diesen Wunsch nicht erfüllen kann ohne Anstieg des Straßenhandels. Nur wieso dann jetzt noch so ein Aufstand? Einfach wieder alles zum alten Zustand und einfach keine Ausländer mehr zu bedienen. Aus irgendeinem Grund scheint aber nicht so einfach zu sein. Sonst würden die da nicht so rumbasteln und einfach ihr Ding machen.

  5. Also können wir jetzt all unsere Hoffnungen auf Süd-Holland und Maastricht
    begraben und müssen stundenlange Fahrten in kauf nehmen um mal was
    zu Rauchen? Nix für mich,dann also doch Schwarzmarkt.

    • Deine Hoffnungen solltest du nicht begraben, auch im Süden der Niederlande gibt es vernünftige Leute und regional heißt ja nicht nur nördlich! Die Klage von Marc läuft ja noch!. Anfang Dezember müßte es da ein Urteil geben,

      • @ pirat
        es ist schön wie einem hier immer wieder Hoffnung gemacht wird
        um sie im nächsten Moment wieder zu zerstören.Zuminndest immer
        wieder ein Grund hier reinzuschauen , gute Arbeit hier.
        OK , wische mir die Tränen aus den Augen putze mir die Nase und
        habe wieder Hoffnung auf den Süden!!! Prost.

      • Ein Auf und Ab der Gefühle ist nicht unsere Absicht auf KeinWietpas!. Wir stellen nur den politischen Prozess in den Niederlanden in deutscher Sprache dar und interpretieren natürlich auch, wie das journalistisch immer gemacht wird. Wir bieten hauptsächlich Informationen. Diese sind sogar fundierter als in den Massenmedien wie z.B. Spiegel Online. Wir sind natürlich keine Auslandskorrespondenten die dort leben – das ist der einzige Makel – für unsere Möglichkeiten schaffen wir aber schon mehr als all die großen Print- und anderen Medien, die es – wenn sie nur wollten – ganz anders machen könnten.

  6. @ Antonio Peri
    habe mit keinem Wort eine Absicht unterstellt.
    Das auf und ab der Gefühle ist natürlich unbeabsichtigt
    Wie schon gesagt , gute Arbeit hier.

  7. haarlem wird schon offen bleiben

    • haarlem mag für einige Leute eine Alternative zu Süd-Holland sein,
      aber bestimmt nicht für alle.Wäre mal was für eine Abstimmung.

      • Wenn man Hoes „Abschaum-Kriterium“ so auslegen mag, dass der Abschaum eben nur ne 30 oder 50 Km-Reise unternimmt und kein Hotelzimmer bucht, sondern eben nur ab und zu mal da einkauft und für Parken oder ÖPNV und Essen Geld ausgibt, ist die Alternative nur für Leute gegeben, die auch ne 350km Km-Fahrt in Kauf nehmen – oder gleich für ein Paar Tage ein Hotel in den Städten buchen, die dann noch an Touristen verkaufen dürfen. Für mich ist das momentan auch keine Alternative. Vor allem ist das keine Alltags-Option. DIe Situation ist paradox – man hat gute Shops wie das Easy Going oder Kosbor in Maastricht vor der Haustür – muss aber trotzdem mindestens bis Nijmegen fahren, wo die Shops schlechter sind. Bei den teuren Fahrtkosten und der Zeit die dabei draufgeht, hat man dann auch weder Geld noch Zeit für einen Shopping-Bummel in der Innenstadt übrig und wird so erst recht zum reinen Purchase&Leave-Kunden. Zudem kenne ich aus dem Land der Träume Leute die aus dem Süden Deutschlands kommen und gern nach Maastricht fuhren – die brauchten Amsterdam nicht, Maastricht hat denen gereicht und sie haben sich die zusätzlichen knapp 300km (nur Hinfahrt also gesamt ca. 600km mehr) gespart und auch in Maastricht Hotelzimmer gebucht.

      • sehr schöne masstricht-nijmegen-zusammenfassung. die sehenswürdigkeiten in masstricht (buchladen in kirche) sind ja auch um ein vielfaches interessanter ;)

      • M-aa-stricht natürlich ;))

  8. @ maastorist – von welcher Zusammenfassung redest Du?

    • @antonio: „… gute Shops … vor der Haustür – muss aber … bis Nijmegen fahren … Shops schlechter … teuren Fahrtkosten … Zeit … draufgeht … weder Geld noch Zeit für einen Shopping-Bummel … und wird so erst recht zum reinen Purchase&Leave-Kunden.“ (Zitat ende)